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Verschweigen - vertuschen - verschleiern
So behindern die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten meine Recherchen!

Um einmal zu zeigen, wie sich das Recherchieren im Milieu des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abspielt, möchte ich kurz darstellen, wie ich zu den "Abmeldegründen" kam. Etwas verkürzt deshalb, weil ich Sie nicht mit der Referierung vieler Seiten Emails, Briefen und Gesprächsprotokollen langweilen will, die für die Erlangung dieser einfachen Information erforderlich waren.

Das Ziel der Recherche waren harmose(?) Informationen über die GEZ-Abmeldegründe.

Nur so viel vorweg: Bekommen habe ich die "Abmeldegründe" letzendlich - und zwar vom rbb, auf Grundlage des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) und mit Hilfe des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit.

Besonders spannend war eigentlich nur die Angst der Anstalten, mir diese Auskünfte zu erteilen. Daraus spricht mehr über die Öffentlich-Rechtlichen, als aus den Informationen selbst...!

Manchmal ist der Weg das Ziel!

 

 

"Einige der unter den Kürzeln aufgeführten Abmeldegründe gelten in der Praxis als sehr wahrscheinlich und werden bei einer Abmeldung nicht weitergehend geprüft. Eine Kenntnis der Gründe und der Einteilung in bestimmte Kürzel ermöglichte Gebührenpflichtigen daher, solche Abmeldegründe anzugeben, und dadurch für eine eigene "Gebührenbefreiung" zu sorgen.

Die Übermittlung der Aufschlüsselung der Abmeldegründe könnte zu einer massenhaften Umgehung der Gebührenpflicht durch die Gebührenzahler fürhen. Dies stellte würde zu einem nicht untererheblichen wirtschaftlichen Schaden für die GEZ und damit für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk führen."

Anke Naujock ("unabhängige"*, anstaltseigene Datenschutzbeauftragte des rbb; (mit allen Schreibfehlern) kopiert aus einer Email an den Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit wegen meiner Angelegenheit)

 

Meine Anfragen nach den Abmeldegründen gehen zurück bis zum 7. Januar 2005. Bekommen habe ich sie nach endlosem hin- und her mit einem Schreiben vom 27. Mai 2005 vom rbb.

Parallel zum rbb habe ich es auch über den NDR versucht, da ich im Dunstbereich dieser Anstalt wohne. Der "unabhängige"* - hauseigene - Datenschutzbeauftragte des NDR, Herr Merten, ließ mich gänzlich abblitzen und erklärte sich für nicht zuständig (nachdem er mich einige Zeit schmoren ließ). Daraufhin schrieb ich am 21. Januar einen Brief an die Intendanz des NDR und bekräftigte meine Rechtsansprüche auf die gewünschten Informationen mit Verweis auf § 4 Abs.1 des Hamburgischen Pressegesetzes. --- Wieder nur eine banale Antwort. - Tatsächlich scheint es so zu sein, dass das Pressegesetz, wonach Behörden verpflichtet sind Informationen an die Presse zu geben, beim NDR nicht greift. Er tritt zwar den Rundfunkteilnehmern gegenüber (und denen, die er dazu machen will) auf wie eine imposante Allmachtsbehörde - bei der eigenen Auskunftspflicht verwandelt er sich aber blitzschnell in ein schutzwürdiges Privatunternehmen. Übrigens hat mir der NDR noch nie irgendwelche Fragen beantwortet, die ich im Rahmen meiner Arbeit gestellt hatte: weder zur Vergütungsregelung der Beauftragten, noch zu deren Arbeitsanweisungen, noch sonst irgendetwas...!

Währendessen erhielt ich eine Email von der "unabhängigen"* anstaltseigenen rbb-Datenschützerin, Frau Nxxxxx, die mir mitteilte, sie hätte meine Anfrage an die ebenfalls unheimlich "unabhängige"* Datenschützerin der GEZ, Frau Axxx, weitergeleitet.

Kurze Zeit später war die unausweichliche Antwort der GEZ-Schützerin da:

 

Betreff: Ihre Anfrage an den RBB vom 07.01.2005
Datum: Tue, 22 Feb 2005 14:32:12 +0100
Von: Kxx.Axxx@gez.de
An: Bernd.Hoecker@t-online.de
CC: anke.naujock@rbb-online.cn.ard.de


Sehr geehrter Herr Höcker,

bezüglich Ihrer Anfrage zur Erläuterung unserer internen Kürzel zu Abmeldegründen, die per Mail vom 15.02.2005 an uns weitergeleitet wurde, muss ich Ihnen mitteilen, dass wir diese Auskunft nicht erteilen werden, da wir einen Auskunftsanspruch nicht für gegeben erachten.

Mit freundlichen Grüßen

Kxxxx Axxxx

GEBÜHRENEINZUGSZENTRALE (GEZ)
E-Mail: datenschutz@gez.de

 

Mittlerweile hatte ich mich auch schon mit einer Mitarbeiterin des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Berlin in Verbindung gesetzt. Diese Behörde kann helfen, Informationen zu beschaffen, die nicht freiwillig herausgegeben werden. Die Mitarbeiterin hatte keinerlei Bedenken gegen die Herausgabe der von mir gewünschten Informationen und fragte beim rbb nach den tatsächlichen Gründen der Ablehnung.

Hier nun die etwas bizarr anmutende Antwort der "unabhängigen"*, anstaltseigenen Rundfunkdatenschutzbeauftragten des rbb an den Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit von Berlin und von dort weitergeleitet an mich:

 

Betreff:  WG: Auskunftsersuchen des Herrn Höcker
Datum: Wed, 13 Apr 2005 14:04:09 +0200
Von: "Anja-Maria Gardain" <gar@datenschutz-berlin.de>
An: <Bernd.Hoecker@t-online.de>


Sehr geehrter Herr Höcker,

anbei - wie gerade telefonisch besprochen - die ablehnende Entscheidung des RBB.

Mit freundlichen Grüßen
Gardain

Anmerkung: Hier nun die Ablehnung des rbb, bzw. der "unabhängigen"* Datenschutzbeauftragten dieser Anstalt. Die blauen Formatierungen sind von mir zur besseren Kenntlichmachung hinzugefügt.

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Anke.Naujock@rbb-online.de [mailto:Anke.Naujock@rbb-online.de]
Gesendet: Dienstag, 5. April 2005 15:05
An: Anja-Maria Gardain

Betreff: Auskunftsersuchen des Herrn Höcker


Sehr geehrte Frau Gardain,

ich beziehe mich auf Ihre E-Mail aus dem vergangenen Monat und unser heutiges Telefonat in o.g. Angelegenheit.

Die von Herrn Höcker begehrte Auskunft werden wir ihm nicht erteilen.

Eine Mitteilung der Aufschlüsselung der Kürzel des Feldes "Abmeldegründe" verstößt gegen § 7 1. und 2. Alt. IFG. Der Antragsteller hat mithin keinen Anspruch auf Mitteilung der Aufschlüsselung der Abmeldegründe.

Bei der Aufschlüsselung der Abmeldegründe handelt es sich um ein "Betriebsgeheimnis". Die Erfassung des Abmeldegrundes unter einem Kürzel ist ausschließlich für interne Zwecke bestimmt.

Die Kenntnis einiger von der GEZ akzeptierter und in der Regel ohne weitere Prüfung unter einem Kürzel vermerkten Gründe für eine Abmeldung könnte zu einer gezielten und massenhaften Aushebelung der Gebührenpflicht führen. Die Einteilung in die gewählten Kürzel basiert auf langjährigen Erfahrungswerten. Einige der unter den Kürzeln aufgeführten Abmeldegründe gelten in der Praxis als sehr wahrscheinlich und werden bei einer Abmeldung nicht weitergehend geprüft. Eine Kenntnis der Gründe und der Einteilung in bestimmte Kürzel ermöglichte Gebührenpflichtigen daher, solche Abmeldegründe anzugeben, und dadurch für eine eigene "Gebührenbefreiung" zu sorgen.

Die Übermittlung der Aufschlüsselung der Abmeldegründe könnte zu einer massenhaften Umgehung der Gebührenpflicht durch die Gebührenzahler fürhen. Dies stellte würde zu einem nicht untererheblichen wirtschaftlichen Schaden für die GEZ und damit für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk führen.


Mit freundlichen Grüßen

Anke Naujock

RUNDFUNK BERLIN-BRANDENBURG
Masurenallee 8-14
14057 Berlin

Tel: 030 / 3031 1500
Fax: 030 / 3031 1509

 

So weit also das angsterfüllte Schreiben des rbb, bzw. seiner Aufpasserin.

Als Reaktion folgte eine erneute Ermahnung durch die Mitarbeiterin des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit an den rbb, die von mir gewünschten Informationen an mich herauszugeben. Danach passierte ca. drei Wochen nichts, dann kam das Schreiben des rbb mit den angeblich so brandgefährlichen "Betriebsgeheimnissen". Mittlerweile hatte ich sie aber auch schon aus einer anderen Quelle bekommen. Hier sind sie:

 

GEZ-Abmeldegründe

G01 TN verstorben
G02 TN ins Ausland verzogen
G03 Haushalt-/Firmenauflösung
G04 Veräußerung der Geräte
G05 sonstige Gründe
G06 (intern) Abmeldung nach "unbekannt verzogen und Adressaufklärung erfolglos"
G07 (intern) Abmeldung nach "unbekannt verzogen und Adressaufklärung erfolglos bei Status 'befreit'"
G08 (intern) ruhende Teilnehmerkonten (Anmerkung: Bekannt aus SPIEGEL-Bericht "Endstation G08")
G09 Interne Abmeldung o. Erstattung / Interne Bereinigung
G10 Abmeldung wegen Doppelzahlung / Mehrfachführung
G11 (intern) Insolvenz ohne Anmeldung zur Insolvenztabelle
G12 (intern) Insolvenz mit Anmeldung zur Insolvenztabelle
G13 Abmeldung wegen Heirat oder eheähnlicher Gemeinschaft

 

Ich frage mich, was haben die Anstalten zu verbergen, wovor haben sie solche Angst? Warum darf der Bürger nicht wissen, was mit seinen Daten passiert? Haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten tatsächlich jetzt endlich ein Unrechtsbewußtsein entwickelt und rücken deswegen nicht mit Informationen über ihre Arbeitsweise bei der Gebührenerhebung heraus? Ähnliche Erfahrungen wie in diesem Fall habe ich auch z. B. bei meiner Anfrage nach der Honorarvereinbarung zwischen Rundfunkanstalt und Gebührenbeauftragten gemacht. Damals kam immerhin heraus, dass die Gebührenbeauftragten runde 50% der Beute behalten dürfen, wenn sie Bürgern Nachzahlungen abverlangen.

 

Nachdem dieser Vorgang mit den Kürzeln eigentlich abgeschlossen war, versuchte der rbb erneut, mir die freie Berichterstattung zu verbieten. Die "unabhängige", anstaltseigene Datenschutzbeauftragte des rbb*  schrieb an den Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit mit dem dringenden Anliegen, dass dieser mir die Veröffentlichung aller mir aufgrund meiner IFG-Recherchen gewonnenen Erkenntnisse zu untersagen habe. (IFG=Informations-Freiheits-Gesetz)

Inzwischen wurde mir auch dieses skurrile Schreiben des rbb zur Kenntnis gebracht:

 

"Da Sie die Herausgabe der Daten an Herrn Höcker veranlasst haben, erwarte ich, dass Sie dafür Sorge tragen, dass Herr Höcker die Veröffentlichung der auf der Grundlage des IFG gewonnenen Daten ab sofort unterlässt." Anke Naujock, rbb

 

 

Auch die Antwort des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit an den rbb liegt mir inzwischen vor:

 

Der Vorgang meiner Anfrage zum Thema "Abmeldekürzel" ist auch im "BERICHT des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zum 31. Dezember 2005" auf den Seiten 220-221 erwähnt worden. Den gesamten Datenschutz-Bericht von 230 Seiten können Sie auf der Webseite http://www.datenschutz-berlin.de herunterladen. Darin enthalten sind auch die Ergebnisse einer GEZ-Überprüfung.

Hier nun der Auszug (S. 220-221):

 

 

* Zum Begriff der "unabhängigen" anstaltseigenen Rundfunkdatenschutzbeauftragten:

Sie werden von den Anstalten ausgewählt, eingestellt und bezahlt, sie arbeiten räumlich mit den anderen Anstaltsmitarbeitern eng zusammen, sie leben wie Kollegen unter Kollegen mit ihnen. Trotzdem wird frech behauptet, diese Leute seien eine unabhängige Instanz zur Kontrolle der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und ihrer Teilnehmerdaten. Absurd!

Zu leiden hat letztendlich der Bürger darunter, dass sich der größte Propaganda-Aparat aller Zeiten mit seiner unvergleichlichen Datensammelwut selber kontrollieren darf! Und zwar ganz alleine! (Ausnahmen: Berlin, Brandenburg, Bremen und Hessen). Was die journalistische Arbeit angeht, ist das okay, aber gerade bei der Erhebung und -verarbeitung der Teilnehmerdaten muss eine wirklich unabhängige Instanz kontrollieren!

"Manche Rundfunkdatenschutzbeauftragte verstehen sich demgegenüber gegenwärtig eher als Beauftragte zur Hebung des Gebührenaufkommens denn als unabhängige Kontrollinstanz." Alexander Dix, in DuD (Datenschutz und Datensicherheit) 29 (2005), S. 89 f..
Dr. Alexander Dix war Beauftragter für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht des Landes Brandenburg und ist seit Anfang Juni 2005 der Berliner Beauftragte Datenschutz und Informationsfreiheit.