[Zurück zur Homepage]

 

 

Rundfunkbeitrag
Jagd auf Geringverdiener und Behinderte

(Und die Politiker wissen angeblich von nichts)

 

Wie nun allgemein bekannt sein dürfte, müssen wir in Deutschland seit Januar Geld an ARD, ZDF und Deutschlandradio bezahlen - nicht weil wir ein Empfangsgerät bereithalten, sondern, vereinfacht gesagt, weil wir leben.

Wir haben in Deutschland viele Millionen Menschen, die sich bei geringsten Löhnen in prekären Beschäftigungsverhältnissen befinden oder aus verschiedenen Gründen weniger durch ihre Erwerbstätigkeit verdienen, als die Höhe des Hartz-4-Satzes ausmacht. Dies ist schlimm genug und man spricht hier allgemein von Armutslöhnen. Auch diese Menschen sollen pro Jahr 215,75 Euro an die oben genannten Sender abführen. Ohne jede Befreiungsmöglichkeit!

Es wird das Blaue vom Himmel gelogen, wenn es um Beitragsbefreiung geht. So behauptete der NDR-Intendant und turnusmäßige ARD-Vorsitzende, Lutz Marmor, bei einer CDU-Veranstaltung „GEZahlt wofür?“ am 28. Januar 2013, dass sich Menschen von der Beitragspflicht befreien lassen könnten, wenn sie mit der Zahlung überfordert wären. Das ist leider falsch.

 

Ich hatte in meiner Offenen Email an die CDU-Vorsitzende Angela Merkel u.a. auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam gemacht und erhielt sieben Monate später - nach mehreren Mahnungen - Post vom Medienpolitischen Sprecher der Hamburger CDU-Bürgerschaftsfraktion, Andreas Wankum. Darin behauptet er (Zitat):

„Insbesondere stellen Sie in Ihrer Mail auf soziale Ungerechtigkeit ab. Nach wie vor gibt es aber die Möglichkeit der Rundfunkgebührenbefreiung aus finanziellen Gründen. Insgesamt dürften durch die Umstellung der GEZ-Gebühren die unteren Einkommensschichten mit der Haushaltsabgabe besser gestellt sein.“

Andreas Wankum sollte in seiner Funktion als Medienpolitischer Sprecher, und Berater seiner Fraktion mit den Einzelheiten des Gesetzes vertraut sein. Immerhin hat er und seine Fraktion diesem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV), um den es hier geht, zugestimmt. Er ist sozusagen Gesetzgeber - aber er kennt das Gesetz nicht, für das er und seine Fraktion gestimmt haben!

Bis März 2005 war es noch für Geringverdiener möglich, gegen Nachweis der Einkommenssituation die Gebührenbefreiung zu erhalten. Danach wurde diese Möglichkeit aus dem Gesetz genommen, da es für die GEZ „zu viel Aufwand“ erforderte, jeweils die ganzen Verdienstbescheinigungen, Mietverträge, Kontoauszüge und sonstige relevante Unterlagen zu prüfen. Nur noch die Bezieher bestimmter im Gesetz aufgeführter staatlicher Leistungen hatten fortan eine Chance auf Befreiung - so bis heute. Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit Arbeit bestreiten, müssen die vollen Beiträge bezahlen. Ich nenne das Abschaffung des Sozialstaatsprinzips aus reiner Faulheit!

Da es mittlerweile laut Armutsbericht 2012 mehrere Millionen Menschen sind, die in den Bereich des Geringverdienens fallen, ist dies eine Gruppe, die dem sog. Beitragsservice viel Geld einbringt und auf die er nicht verzichten möchte. Und es ist eine Gruppe, die keine Lobby hat und die sich juristisch nur schwer wehren kann. Großverdiener kommen nach der neuen Beitragsregelung wieder einmal sehr gut weg. Das war auch schon bei der sog. Rundfunkgebühr so. Sie zahlten damals für ihre 20 Fernseher in ihrer 30-Zimmer-Villa alles zusammen genauso viel, wie ein verarmter Mensch in seiner Dachwohnung mit einem klapprigen Röhrengerät aus den 70ern. Heute zahlt ein verarmtere Mensch - auch ohne Fernseher - genauso viel wie der Multimillionär. Er kann sich heute nicht einmal mehr durch die Beseitigung sämtlicher Rundfunkgeräte der Beitragspflicht entziehen!

Dieser Komplettzwang bedeutet für Geringverdiener nicht nur Verzicht auf weitere Mediennutzung, sondern vermutlich auch Einschränkungen bei seiner Versorgung mit Nahungsmitteln. Die 215,75 Euro fehlen schlicht und einfach jedes Jahr im Geldbeutel!

 

Auch Behinderte stehen nun im Visier der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und ihrer Geldeintreiber. Viele, die früher wegen ihrer Behinderung befreit waren, werden nun zur Finanzierung des Systems herangezogen. Mit dem Merkzeichen "RF" im  Behindertenausweis war bis Ende 2012 ein Befreiungsantrag erfolgreich einzureichen. Dieses Merkzeichen hat nun ausgedient. Selbst Blinde und andere Schwerbehinderte müssen nun Rundfunkbeiträge zahlen - auch ohne Rundfunkgerät. Eine einzige Ausnahme ist geblieben: Taubblinde sind befreit. Natürlich nur dann, wenn sie form- und Fristgerecht einen Antrag stellen. Das wiederum bedeutet, dass ein Mensch, der weder sehen noch hören kann, seinen Antrag verspätet einreicht, muss nachzahlen. Hier zeigt sich wieder die Skrupellosigkeit des Systems!

Haben Sie die Meldungen Anfang des Jahres verfolgt? Große Konzerne und sogar Städte, und Gemeinden wehrten sich massiv gegen die neuen Regelungen, weil sie zu erheblich höheren Kosten führen würden. Nur wenige Tage später lasen wir dann, dass man auf dem Weg sei, sich zu einigen. Was man dann auch tat. Das ganze System ist so ausgelegt, dass die Mächtigen möglichst ruhig gehalten werden, damit sie nicht klagen oder boykottieren. Die Kleinen werden dagegen skrupellos ausgenommen. So perfide kann Gesetzgebung sein!

Es ist daher meines Erachtens auch für besser Verdienende eine Bürgerpflicht, sich zu wehren, auch dann, wenn der Beitrag für sie vielleicht kein Problem darstellt.

Das wäre dann wirklich ein Solidarsystem, das diesen Namen verdient!